Die GWUP im Kulturkampf

Auszug: Und genau auf diesen Zug ist in den letzten Jahren die GWUP aufgesprungen.
Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften stand ursprünglich für Aufklärung, Skepsis und Rationalität. Umso bitterer und paradoxer ist es, dass sie sich heute mit jener Rhetorik identifiziert, die gezielt aus rechten Kreisen stammt.

Die GWUP im Kulturkampf

Erneut möchte ich einen meiner letzten Beiträge fortführen, konkret den Beitrag „Woke vs. schlechtes Benehmen“. Darin ging es um die Umdeutung des Begriffs „woke“ durch Rechte, TERFs und andere problematische Lager.

Der Ursprung

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Emanzipationsbewegung Schwarzer Menschen in den USA. Er steht für soziale Gerechtigkeit, Antirassismus und das Bewusstsein für strukturelle Ungleichheiten. Die Geschichte der „woken“ Bewegung reicht bis in die 1930er-Jahre zurück, wurde aber besonders ab den 1960ern mit dem Appell verbunden: „Stay woke“ – Bleib wachsam.

Etwa ab 2015–2017 begannen rechte Kulturkämpfer, Konservative und rechtsgerichtete Medien, den Begriff spöttisch und abwertend zu verwenden. Diese gezielte Umdeutung setzte nach dem Aufstieg von Black Lives Matter (ab 2013) und der Wahl von Donald Trump 2016 ein. Wenn man bedenkt, dass das gerade einmal zehn Jahre her ist, wird deutlich, wie effektiv dieses propagandistische Vorgehen war. Es handelte sich nicht um einen natürlichen Sprachwandel, sondern um eine strategische Verschiebung, massiv unterstützt durch rechte Thinktanks, Medien und politische Kampagnen. Aus einem Begriff für Wachsamkeit gegenüber Ungerechtigkeit wurde ein Schimpfwort für alles, was nicht in ein rechtes Weltbild passt.

Die GWUP im Kulturkampf

Und genau auf diesen Zug ist in den letzten Jahren die GWUP aufgesprungen.
Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften stand ursprünglich für Aufklärung, Skepsis und Rationalität. Umso bitterer und paradoxer ist es, dass sie sich heute mit jener Rhetorik identifiziert, die gezielt aus rechten Kreisen stammt.
Allein schon die Tatsache, dass sie auf Kritik – etwa dass sie rechte Narrative mit ihren „antiwoken“ Beiträgen reproduzieren – mit dem Vorwurf „woke“ reagieren, zeigt: Sie bedienen sich genau jenes abwertenden Framings, das sie zu hinterfragen vorgibt.

Es ist kaum anzunehmen, dass die GWUP den Ursprung und die Umdeutung des Begriffs nicht kennt. Die Personen, die spätestens seit der Wahl im Mai 2024 den Vorstand und Wissenschaftsrat stellen, sind zu gebildet, um das nicht zu wissen.

Ihre offizielle Erklärung lautet meist, dass man kritische Themen nicht ignorieren dürfe, nur weil sie auch von Rechten aufgegriffen werden. Dem stimme ich zu, wie man an meinen eigenen Beiträgen sehen kann.
Allerdings entspricht das, was Rechte und Konservative am „Woken“ kritisieren, nicht der Realität.
Bereits im erwähnten Artikel schrieb ich:
„Es gibt nur eine korrekte Definition von „woke“, nämlich die Aufmerksamkeit für soziale Ungerechtigkeit.“
Alles andere ist eine bewusste Umdeutung, um gezielt gegen progressive Gruppen, die trans Community oder marginalisierte Bewegungen Stimmung zu machen.

Ein Appell macht keinen Sinn

Ich könnte an die GWUP appellieren, sich dessen bewusster zu werden. Aber als ehemaliges Mitglied (2023) habe ich zu viel Einblick in die internen Abläufe bekommen, um an Naivität zu glauben.
Ich bin überzeugt: Die GWUP kennt die Geschichte des Begriffs und die politische Dynamik ganz genau.

Ich weiß (noch) nicht, warum sie diesen Kulturkampf bewusst führt. Politisch rechts möchte ich sie nicht eindeutig einordnen.
Aber was ich weiß, ist:
Hier geht es nicht nur um Meinungsvielfalt, sondern um gezielte Einflussnahme, Framing, Lagerbildung und den Missbrauch von Skeptizismus zur Durchsetzung politischer Narrative.

Wie schon in früheren Texten erwähnt, ist etwa Nikil Mukerjis Artikel über das „Trojanische Pferd“ ein gutes Beispiel. Auch dort wurde die Bedeutung einer Metapher so verzerrt dargestellt, dass sie gezielt gegen ehemalige GWUP-Mitglieder gerichtet war. Gegen jene, die mittlerweile den neuen Verein skeptix.org gegründet haben.
Dass ein studierter Philosoph die Bedeutung dieser Metapher nicht kennt, ist schwer zu glauben. Auch hier diente eine falsche Auslegung dazu, andere öffentlich zu diskreditieren. Es wurden und werden nach wie vor öffentlich Unwahrheiten verbreitet, was ich auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen in der GWUP durchaus bezeugen kann.

Die Frage nach dem „Warum“ bleibt offen.
Was ich meinen Leser:innen aber mitgeben möchte:
Schaut bei der GWUP mittlerweile lieber zweimal hin.

Woke vs. schlechtes Benehmen

Vor allem möchte ich noch einmal klarstellen:
Die Art von „Woke“, die Rechte, Konservative und Kulturkämpfer skandalisieren, existiert nicht.
Was sie da beschreiben, ist schlicht aggressives und unsoziales Verhalten. Oft von Einzelpersonen, das dann kollektiv einer Bewegung angelastet wird. Diese Übertreibungen werden instrumentalisiert, um eigene Interessen durchzusetzen, und zwar auf Kosten von Differenzierung und echter Debattenkultur.

Ich selbst habe bei meinen letzten Beiträgen in den sozialen Medien einen massiven Shitstorm erlebt, so wie auch einige andere, die mir mit Nachdruck zugestimmt haben.
Eine Person schrieb mir per DM, dass sie mir zustimmt, meine Beiträge öffentlich unterstützen wolle, es aber aus Angst vor Ableismus-Vorwürfen nicht wagt.
Ich bin mir sicher: Genau diesen Shitstorm würden TERFs, Rechte und mittlerweile auch Teile der GWUP als „woke“ einordnen.
Aber das ist es nicht. Es ist autoritäres Verhalten.

So ein Verhalten hat mit dem ursprünglichen Woke-Begriff nichts zu tun, selbst wenn manche sich selbst als „woke“ bezeichnen. Was diese Personen sicherlich sehr oft tun, ist: Missstände benennen. Aber sie tun es auf eine Art, die sich längst von der ursprünglichen Idee entfernt hat.
Das gilt ebenso für manche Strömungen innerhalb der Behindertenbewegung wie für Teile des Transaktivismus.

Am Ende möchte ich betonen, dass ich hier in erster Linie meine persönliche Meinung äußere.
Was darüber hinausgeht, kann ich im Zweifelsfall belegen – mit Quellen und Screenshots.

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