Seitens der UBSKM gibt es seit Jahren die Forderung nach der Einrichtung eines Landesbetroffenenrats in jedem Bundesland. Dieser sei „mindestens genauso so wichtig wie die Landesmissbrauchsbeauftragten“, betont Kerstin Claus in einem Interview aus dem Jahr 2022 und nimmt auf die Expertise der Betroffen Bezug. Bislang sind die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen diesbezügliche Vorreiter. Doch kann ein derartiger Betroffenenrat auf Landesebene automatisch diesen Anforderungen gerecht werden?
Autor: Nora
Ein Buch, das schadet: „Irreversible Damage“
Interessant ist, dass diese haltlosen Vergleiche ausgerechnet aus dem Mund eines Skeptikers kommen, der sich klare Wissenschaftsorientierung und Faktenbasiertheit auf die Fahnen geschrieben hat. Dass ROGD von führenden Wissenschaftlern, Expertengremien und Berufsverbänden unisono abgelehnt wird, dürfte ihm bestimmt zu Ohren gekommen sein. Dennoch stellt er sich in seiner Positionierung hinter Abigail Shriers Buch und lässt in selbstimmunisierender Weise jegliche Kritik daran bzw. an der ROGD-Hypothese sofort abprallen. So wurde auf der Webseite des amerikanischen Skeptic Magazine, einer richtungsweisenden Zeitschrift für die internationale Skeptikerszene, eine positive Buchkritik zu Shriers Werk veröffentlicht, die zuvor von der Seite „Science Based Medizine“ entfernt worden war. Was diese tendenziöse Haltung entgegen jeglicher wissenschaftlicher Beweisbarkeit auf einer Skeptiker-Webseite zu suchen hat, bleibt fraglich.
ROGD – eine problematische Hypothese
ROGD wurde von keinem psychologischen Verband oder Diagnosemanual als valider Diagnostikbegriff anerkannt. Im Gegenteil, Fachverbände und peer reviewed-Journals raten dezidiert von der Verwendung des Begriffes ab, da dieser wissenschaftlich nicht beweisbar ist – was u.a. eine 2022 durchgeführte klinische Studie belegt. Zudem weist die Hypothese von RODG eklatante methodische Mängel auf (dazu weiter unten im Text).
Diskussion: RG-MC und mediale Berichterstattung
Bereits der Titel „Wie kritisch sollten Erzählungen von Missbrauchsopfern hinterfragt werden?“ geht direkt in medias res, wie Moderatorin Sarah Ulrich („Netzwerk Recherche“) erklärt und die Eckpunkte des Narrativs von RG umreißt. Dazu berichtet sie über ihren ersten Kontakt mit dem Thema, als ein bekannter Traumatherapeut mit diesbezüglichen „Informationen“ über einen satanischen, Kinder-mordenden Kult in Berlin an sie herangetreten ist. Ulrich erläutert, wie sie „erst einmal drauf reingefallen sei“, bis sie gemerkt habe, dass dieses Story nicht stimmen könnte, sondern zu einem bereits aufgedeckten Narrativ passe.
„Emma“ wittert den „trans Skandal“
Mit einer aufmerksamkeitsheischenden Schlagzeile rund um einen vermeintlichen „trans Skandal“ und dessen „fatale Folgen“ scheint die September-Auflage der Zeitschrift Emma aus dem Jahr 2023 auf Bildzeitungs-Niveau um Käufer zu buhlen. Zyniker mögen anmerken, dass es die Zeitschrift wohl auflagentechnisch (sprich: finanziell) dringend nötig habe, derart provokant um Leser zu werben. Pragmatiker hingegen verweisen auf die genderkritische Positionierung der Alice-Schwarzer-Zeitschrift, dessen Herausgeberin bekanntlich eine Streitschrift zum Thema veröffentlicht hat und von einer „Trans-Mode“ spricht, wann immer sie dazu die Gelegenheit (oder ein Mikrofon) bekommt.
Michael Shermer und das Thema trans
Sein Appell über den großen Teich nach Deutschland: „Lasst Politik aus dem Skeptizismus draußen und konzentriert euch auf Fakten, Beweise, kritisches Denken und die Förderung von Wissenschaft.“ Das wirft natürlich die Frage auf: Wie stark lässt Shermer selbst Politik außen vor, wenn er einen Artikel nach dem anderen über trans verfasst? Lässt es sich wirklich „unpolitisch“ (vulgo: skeptisch) über dieses Thema schreiben, wenn in den USA (aber nicht nur dort!) die Diskussionen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in einem politisch derart polarisierten Feld stattfinden bzw. von Teilen der Politik instrumentalisiert werden? Hierbei ist nicht reine Parteipolitik gemeint, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Strömungen wie die des radikalen Feminismus.
WTF-Talk: Satanic Panic Update 2
Gleich zu Beginn des Talks weist Bernd Harder auf den im Frühjahr erschienenen Artikel von Peer Briken hin, der nun erstmals auf die Kritik reagiert hat . Auch Frank Urbaniok begrüßt diese Klarstellung, denn in Brikens ursprünglicher Studie wurde quasi durch die Hintertür eine Prävalenz für RG-MC suggeriert, indem von Behandlungsbedarf bzw. dem noch nicht gedeckten Forschungsbedarf gesprochen wurde. Daraus ergab sich in Folge das Problem, dass diese Studie von Anhängern des Narrativs als Referenz genommen wurde. Dennoch kann diese Stellungnahme erst ein Anfang sein: „Es ist gut, dass die Stellungnahmen kommen, es ist gut, dass sich Fachverbände, Funktionäre positioniert haben. Das ist ein bisschen die Eintrittskarte für die Diskussion, doch das heißt noch nicht, dass die Kuh vom Eis ist“ – denn gerade in der Praxis, so Urbaniok, therapieren diejenigen, die Fehltherapien vertreten, munter weiter.
Unsere SRA Hauptseite
Das Thema Satanic Panic bzw. das Narrativ von ritueller Gewalt & Mind Control sind Paradebeispiele für moralische Panikphänomene. Dabei geht es nicht „nur“ um eine Verschwörungstheorie von vielen, sondern um ein Konstrukt an wissenschaftlich nicht haltbaren Thesen, die immensen Schaden unter vulnerablen Personengruppen wie Traumaopfern anrichten. Dieses Thema ist äußerst umfangreich und reicht von der (historischen) Satanic Panic über False Memory bis hin zur bewussten Verzerrung der Dissoziativen Identitätsstörung als Basis für vermeintliche „Programmierungen“ seitens der Täter.
Transphobie als rechte Agitation
Dass genderkritischer Feminismus mit seiner Moralpanik als Einfallstor und Brücken-Narrativ zu rechtem Gedankengut dient, hat bereits der vorige Beitrag beleuchtet. Es geht hier um eine narrative Allianz und ein gefährliches Relationsgeflecht, das unter der argumentativen Klammer, sich für den Schutz biologisch weiblicher Frauen als „bedrohtes Geschlecht“ einzusetzen, eine Gegenöffentlichkeit kreiert. Far right bedeutet nicht far away, insbesondere dann, wenn durch Feminist_innen, welche sich diese Selbstbezeichnung auf die Fahnen schreiben, klare Grenzen verwischt werden und es plötzlich „en vogue“ scheint, anderen Menschen ihr Grundrecht auf geschlechtliche Selbstbestimmung abzuerkennen.
Wie TERF Stereotypen repliziert
Genderkritischer Feminismus, auch TERF (trans-exclusionary radical feminism) genannt, nimmt an, dass das biologische Geschlecht unveränderbar sei und lehnt demzufolge Gender-Identität als „falsche Ideologie“ ab. Durch die strikte Mann-Frau-Schubladisierung trägt genderkritischer Feminismus zu einer transphoben Moralpanik bei, da trans Frauen als Bedrohung geframed und eine irrationale Ängste, z.B. vor der vermeintlichen Abschaffung der Mann-Frau-Begriffe oder aus Sicherheitsbedenken gegenüber trans Frauen, geschürt werden.