Die Ignoranz der Traumatherapeuten

Was ich an dieser Stelle mit Nachdruck kritisiere, ist die Ignoranz der (Trauma)Therapeut:innen: Seit 30 Jahren ignorieren sie die notwendige Debatte, ja schlimmer noch, sie brandmarken jeden Kritiker als Täter, anstatt sich ernsthaft mit dem Wohl der Patient:innen auseinanderzusetzen. Betroffene werden klein gehalten, zur erweiterten Lebensunfähigkeit erzogen, in Scheinrealitäten hineinmanövriert – und wozu? Wem dient das tatsächlich?

WTF-Talk: Klarstellung zur DIS

Eigentlich ist es erschreckend, dass sich überaus kompetente Fachleute im Jahr 2024 gezwungen sehen, zu betonen, dass es nicht um abgespaltene Persönlichkeiten geht, sondern um eine mangelnde Verbindung von Zuständen innerhalb einer Persönlichkeit. Hier sind wir exakt bei dem Punkt, dass sich ein Kleinkind eben nicht „aufspalten“ kann, – wie oft behauptet wurde – sondern dass die DIS das Ergebnis mangelhafter integrativer und assoziativer Prozesse ist.

Wie die DIS-Historie verfälscht wird

Eugene Bliss, eine weitere Gründergestalt der multiplen Persönlichkeitsbewegung, schrieb 1980: „In den Bereich der Persönlichkeiten einzutreten, ist von geradezu kindischer Einfachheit, denn der Schlüssel zur Tür ist die Hypnose und diese Patienten eignen sich dafür ausgezeichnet. Ebendies ist die Welt der Hypnose. Jahrzehntelang verborgene Persönlichkeiten lassen sich ansprechen und befragen; man stößt auf vergessene Erinnerungen, die der Patient mit der ganzen Gefühlsstärke eines aktuellen Ereignisses wiedererlebt‘.“

Der schmale Grat zwischen Borderline & DIS

In einer Therapieeinheit im vergangen Jahr hatte ich einmal zu meiner Therapeutin gesagt, dass ich zu jeder Meinung auch eine Gegenmeinung habe und dass das ein ganz grausliches Gefühl ist.
Abgesehen vom ganzen Bullshit-Bingo, was im Kopf abgeht (nicht gut genug zu sein, nicht liebenswert etc.) zweifle ich an mir. Einmal schrieb ich: „Ich hab kein Ich“, was natürlich kein Fakt ist, aber ein Gefühl. Mein Gefühl.

Borderline und MPS – ein Artikel aus 1996

Birger Dulz und Nina Lanzoni argumentieren in ihrem 1996 erschienen Artikel, dass die multiple Persönlichkeitsstörungen kein eigenes Störungsbild darstellt. Vielmehr kann sie als eine Extremvariante der dissoziativen Störungen angesehen werden, die insbesondere bei Personen mit Borderlinestörung und traumatischen Missbrauchserfahrungen auftritt.

Ein Exorzist und die DIS

Ansonsten, und das möchte ich hier wirklich mit Nachdruck betonen, sind Menschen mit einer PTBS oder auch Dissoziativen Identitätsstörung – sofern sie erwachsen sind – mündige, eigenverantwortliche und voll zurechnungsfähige Menschen, die durchaus in der Lage sind, derartige, hier thematisierte Gefahrensituationen zu erkennen. Vor allem in der heutigen Zeit. Anders war es noch vor 20, 30 Jahren, denn damals gab es noch kein Internet und vor allem keine so umfangreichen Aufklärungen und Selbsthilfegruppen für Betroffene.

Über die Dissoziative Identitätsstörung

Jeder Mensch fühlt sich ab und an ambivalent. Wir Menschen sind nicht statisch und ein jeder hat unterschiedliche Persönlichkeitsanteile in sich, die sich u.a. durch Gedanken und Gefühle unterscheiden können. In der Regel ist der Mensch in seiner Identität so gefestigt, dass er das ambivalente Verhalten steuern und auflösen kann. Bei Menschen, die im Laufe des Lebens jedoch keine identitäre Kohärenz entwickeln konnten, sieht es anders aus. Unter anderem bei Personen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden.

Gefährliche Vorbilder

Bekannt wurde Wilbur durch das Buch Sybil, in dem es um die Behandlung ihrer multiplen Patientin ging (siehe dazu auch der Artikel: Der Einsatz des Wahrheitsserums). Mit diesem Buch, was die Realität bewusst und willentlich stark verfälschte, verdienten Wilbur und ihre Co-Autorin Flora Rheta Schreiber ein Vermögen – und dies auf Kosten der Patienten mit dem gebürtigen Namen Shirley Ardell Mason.

„Sybil“ – MPD als Kassenschlager

Kein Buch hatte einen dermaßen großen Einfluss auf die Entwicklung der dissoziativen Identitätsstörung (vormals: Multiple Personality Disorder) wie das 1973 veröffentlichte Werk „Sybil“. Verfasst von Journalistin Flora Rheta Schreiber in enger Zusammenarbeit mit Psychotherapeutin Cornelia Wilbur, gilt es als Geburtsstunde der Diagnose MPD, die kontroverser nicht sein könnte: „Ein rätselhaftes Krankheitsbild, Sex, Gewalt und Mißbrauch, verwoben in ein psychologisches Gebabbel, so hatten es sich Flora Schreiber und Cornelia Wilbur zurechtgelegt, würde ihnen Ruhm, Anerkennung und viel Geld einbringen. Die Rechnung ging auf.“ Mit diesen Worten berichtete der Spiegel im Jahr 1998 ausführlich über den „Psycho-Skandal des Jahrhunderts“ und das „hinterlistig eingefädelte Betrugsmanöver“, wie der New Yorker Psychologe Robert Rieber den Fall Sybil rückblickend bezeichnete.

DIS-Diagnose in keinem einzigen Fall bestätigt

Prof. Dr. Stefan Röpke, seit 2016 Professor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité, forscht zu Traumafolgestörung und ist Leiter verschiedener Forschungsgruppen. Seine Publikationsliste umfasst mehr als 150 Publikationen u.a. zu Borderline, Dissoziation und PTBS in internationalen Fachjournals. Beim jüngsten DGPPN-Kongress Ende November 2023 leitete Stefan Röpke den Programmpunkt zum Thema „Dissoziative Identitätsstörung und rituelle Gewalt: Fakten und Fiktionen“.