Vorweg:
Es geht mir hier nicht um das GWUP Mitglied-SinansWoche und nicht um Sinan selbst. Es geht mir um das Thema Frauen und Gewalt, die sie ertragen müssen.
Denn was passiert ist, geht über Szenen, Lager und Gruppen hinaus. Es ist ein Muster.
Ja, es ist schon zwei Jahre her. Ein Video mit einer Szene, die man fast schon neutralisierend und verharmlosend als „Muttersketsch“ bezeichnet.
Ich habe vor zwei Tagen das erste Mal diese Szene gesehen und bin schockiert, wie verharmlosend sie von dem User Baba-Bartunek einst auf Twitter geframt wurde. Selbst ich bin irgendwann auf dieses groteskes Scheinargument reingefallen, obwohl ich von Anfang an spürte, hier liegt eine unverzeihliche Grenzverletzung vor.
Ich richte mich hiermit direkt an den User/YouTuber Baba Bartunek:
Was du getan hast, Bartunek, ist kein Ausrutscher, kein geschmackloser Witz. Es ist sexualisierte Gewalt in Sprache gegossen.
Wenn jemand – ob Youtuber oder „Satiriker“ – das Bild einer Mutter nutzt, um über ihren Körper zu sprechen, ihre Brüste mit der Maus einzukreisen und dann Sätze sagt wie „ich will knabbern“, dann geht es nicht um Humor, sondern um Entmenschlichung. Es ist die Inszenierung männlicher Macht über weiblichen Körper, in diesem Fall: den Körper einer Mutter, instrumentalisiert, um einen Mann zu erniedrigen.
Die Frau wird zum Werkzeug in einem Machtspiel zwischen Männern gemacht. Ihr Körper wird zur Waffe gegen den Sohn. Das ist archaisch. Das ist patriarchal. Und es ist perfide, weil es sich als „ironische Übertreibung“ tarnt. Aber der Effekt ist eindeutig: sexuelle Objektivierung, öffentliche Demütigung, Grenzverletzung.
Es geht also nicht um Geschmack oder Meinungsfreiheit. Es geht um die politische Funktion solcher „Clips“: Sie degradieren Frauenkörper, sie legitimieren Erniedrigung als Unterhaltung, sie verrohen Diskursräume. Das ist nicht „ein Ausrutscher“, sondern strukturelle Misogynie in Echtzeit.
Kurz: Das Video ist keine Satire, sondern ein Akt sexualisierter Aggression. Und die Deckung durch Teile der Szene macht klar, dass Macht – auch in vermeintlich progressiven Räumen – immer noch männlich kodiert ist.
Zum Begriff „Muttersketsch“:
Der Begriff selbst ist bereits ein zweiter Übergriff.
„Muttersketsch“ klingt harmlos, fast verspielt – als wäre das Ganze eine groteske Szene aus einem Kabarett, ein harmloses „Missverständnis“. Aber genau darin liegt die ideologische Technik: Entsexualisierung durch Verharmlosung.
Der Begriff neutralisiert das, was tatsächlich passiert ist: die öffentliche sexualisierte Erniedrigung einer Frau – nicht als Individuum, sondern als Symbol. Die „Mutter“ steht im kulturellen Unterbewussten für Ursprung, Fürsorge, Schutz. Wenn dieser Körper zum Objekt gemacht wird, wird nicht nur sie, sondern die gesamte symbolische Ordnung der Weiblichkeit verletzt. Und wer das dann „Sketsch“ nennt, versucht, diese Gewalt in Komik zu verwandeln.
Auch kritisiere ich die Verharmlosung von Gewalt – siehe Video von imp (00:56:01, Twizzy):
Der Rapper Twizzy wurde einst brutal zusammengeschlagen. Darüber sinniert Bartunek:
- „Gewisse Situationen rechtfertigen eine Ohrfeige“,
- „Ich kann schon mal verstehen, dass es mal eine Schelle gibt, oder so“, und
- „Wenn dieses oder jenes passiert, hab ich durchaus Verständnis, wenn es mal ’ne Watschn gibt.“
Das ist die nächste Eskalationsstufe derselben Ideologie – die Sprache des Verstehens. Nicht offener Applaus für Gewalt – das wäre zu plump –, sondern moralische Amnestie: „Ich verstehe ja, dass man mal …“ Damit wird Gewalt nicht gerechtfertigt, sondern normalisiert. Sie wird von der Ausnahme zur Reaktion erklärt. Und Reaktion gilt in dieser Logik als menschlich – also entschuldbar.
Das Muster ist präzise: Er sexualisiert, wenn er entmachten will. Er relativiert Gewalt, wenn sie ihm ideologisch nützt. „Verständnis“ ist hier das Tarnwort für Einverständnis. Denn wer eine „Schelle“ als nachvollziehbar bezeichnet, verschiebt den Diskurs vom Täter zur Situation – und macht damit das Opfer zur Bedingung der Gewalt. Wer so redet, verteidigt nicht „menschliche Fehler“. Er verteidigt das Recht auf Übergriff. Und das verurteile ich aufs absolut Schärfste!
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Bartunek! Ich habe auf das, was du getan hast, eine Antwort:
LÖSCH DICH!
Hier das aktuelle Video, das dazu führte, dass ich diesen Clip zum ersten Mal gesehen habe.
Klarstellung: Es geht mir ausschließlich um meine Positionierung – als Frau, als Mutter. Um Gewalt. Nicht um Zugehörigkeit zu irgendeinem Lager!